Die comdirect bank AG ist eine Direktbank mit Sitz in Quickborn. Sie bediente sich bis zum Jahr 2010 zur Erbringung von Anlageberatungsleistungen einer 100 % Tochtergesellschaft, der comdirect private finance AG. Die private finance AG unterhielt eine Vielzahl von Geschäftsstellen in zahlreichen Ballungsräumen, wie München, Berlin, Hamburg, Dresden, Stuttgart und weiteren Orten.
Bei der comdirect bank AG bestand ein Call-Center, dessen Aufgabe es unter anderem war, die bestehenden Kunden der Bank anzusprechen, ob diese nicht Interesse an einer persönlichen Anlageberatung vor Ort hätten. Auf diese Weise konnte ein erheblicher Teil der Kunden der comdirect bank AG der comdirect private finance AG zugeführt werden.
Die comdirect private finance AG trat im Markt mit dem gleichen corporate design auf wie die comdirect bank AG. Ferner besteht auch ein identischer Namenskern. Man nutzte also den im Markt eingeführten Begriff „comdirect“, um Anlageberatungsleistungen anbieten zu können. Zwischen den Gesellschaften bestand ein gesellschaftsrechtlicher Ergebnisabführungsvertrag, weshalb die comdirect private finance AG aus Sicht des Verfassers bei wirtschaftlicher Betrachtung einer Abteilung der comdirect bank AG gleich stand.
Viele Kunden erkannten hierbei nicht, dass sie es bei der Beratung vor Ort nun mit einer eigenständigen juristischen Person zu tun hatten und gingen davon aus, von „ihrer Bank“ beraten zu werden. Ebenfalls erkannten viele Kunden nicht, so wurde es dem Verfasser in zahlreichen Gesprächen mit Betroffenen mitgeteilt, dass die Berater der comdirect private finance AG durch Provisionen vergütet werden und deshalb ein Eigeninteresse hatten, provisionsträchtige Geschäftsabschlüsse zu tätigen.
Die comdirect private finance AG wurde zwischenzeitlich aufgelöst und mit der comdirect bank AG verschmolzen, weshalb sich mögliche Schadensersatzansprüche gegen die comdirect bank AG richten.
Zahlreiche Kunden stehen nunmehr vor der Misere, dass die ihnen anempfohlenen Anlageprodukte, insbesondere geschlossene Kommanditbeteiligungen, nicht die gewünschten Erträge liefern und teilweise sogar ein Totalverlust des eingesetzten Kapitals droht.
Fragen und Antworten
1. Ist eine solche „Auslagerung der Beratung“ überhaupt rechtmäßig?
Ja. Eine Bank darf selbstverständlich die Anlageberatung auf eine Tochtergesellschaft ausgliedern. Auch in der Wahl des Namens dieser Tochtergesellschaft ist die Bank– innerhalb der Grenzen der handelsrechtlichen Vorschriften zur Firmierung – frei.
2. Musste die comdirect private finance AG Kunden über Provisionen aufklären, ist die sogenannten Kick-Back Rechtsprechung auf die comdirect private finance AG übertragbar?
Diese Frage war längere Zeit umstritten. Nunmehr hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass die comdirect private finance AG nicht dazu verpflichtet war, ungefragt über Provisionen aufzuklären.
Grundsätzlich trifft eine Bank die Pflicht, ungefragt über Provisionen aufzuklären. Bei einem freien Anlageberater ist dies nicht der Fall. Bei einem freien Anlageberater müsse sich dem Kunden aufdrängen, dass dieser nicht „umsonst“ tätig sein könne, weshalb sein Provisionsinteresse auf der Hand liegen würde. Es würde dann dem Kunden obliegen, konkret nachzufragen, ob und wenn ja in welcher Höhe der Berater Provisionen vereinnahmen würde (ständige Rechtsprechung des BGH).
Der 5. Zivilsenat des Oberlandesgericht München entschied in einem Urteil aus dem Jahr 2011 zunächst, dass die 100 % einer Bank unter bestimmten Voraussetzungen, die bei der comdirect private finance AG als gegeben erachtet wurden, wie eine Bank im Hinblick auf die Aufklärungspflicht über Rückvergütungen zu behandeln sei (OLG München, Urteil vom 15.02.2011, Az. 5 U 4507/10, BKR 2011, 215). Dieser aus Sicht des Verfassers zutreffenden Auffassung schlossen sich weitere Senate des OLG München in Verfahren an, die der Unterzeichner selbst für seine Mandanten führte. Auch andere Instanzgerichte folgten zunächst dieser Auffassung.
Der BGH judizierte jedoch im Jahr 2013, dass eine sog. „typisierende Betrachtungsweise“ vorzunehmen sei. Die Tochtergesellschaft sei nicht gehalten über Rückvergütungen aufzuklären (BGH, Urteil vom 18.04.2013, Az. III. ZR 225/12, BKR 2013, 288). Es sei dabei irrelevant, ob ein Ergebnisabführungsvertrag bestehe, es sei bedeutungslos, dass Namenskern und corporate ID ähnlich seien und schließlich auch unerheblich, ob der Tochtergesellschaft die Kunden durch die Muttergesellschaft zugeführt würden.
Es müsse lediglich aus der objektivierten Sicht des durchschnittlichen Kunden erkennbar sein, dass er es mit einer anderen von seiner Bank verschiedenen Gesellschaft zu tun habe. Dies wäre einem objektivierten Durchschnittskunden bei der comdirect private finance AG in praktisch allen dem Unterzeichner bekannten Fällen möglich gewesen.
Fazit: Die bekannte „Kick-back Rechtsprechung“ findet auf die comdirect private finance AG nach aktueller Rechtsprechung des BGH keine Anwendung. Dieser Auffassung folgen Instanzgerichte auch regelmäßig.
3. Gilt dies für alle Provisionen gleichermaßen unabhängig von deren Höhe?
Nein. Grundsätzlich sind auch freie Anlageberater dazu gehalten, ab einer gewissen Höhe, über sogenannte Innenprovisionen aufzuklären. Der BGH sieht diese Schwelle bei 15 %.
Dabei leitet der BGH diese Rechtsprechungslinie aber nicht aus dem für den Kunden nicht erkennbaren Interessenskonflikt des Beraters her, sondern aus der durch Provisionen verursachten Wertschmälerung der Anlage.
Diese Aufklärungspflicht besteht unabhängig davon, ob der Berater der Empfänger der Vergütungen war und auch unabhängig davon, ob der Berater die Zuwendungen selbst erhielt. Die Wertschmälerung tritt im selben Maße ein, wenn eine andere Vertriebseinheit die Provisionen erhält, weshalb schlichtweg die Berechnung anzustellen ist, um welchen Betrag das angelegte Kapital gemindert wird. Dieser Betrag ist dann in Relation zu setzen zu dem vom Anleger eingebrachten Kapital. Liegt die Quote über 15 %, so ist ungefragt aufzuklären.
4. Wie kann der Nachweis solch hoher Provisionen geführt werden?
´Die zentrale Informationsquelle ist hierbei der Emissionsprospekt. Diesem lassen sich die Innenprovisionen bzw. sog. Weichkosten bei richtiger Lesart üblicherweise entnehmen. Dem Verfasser gelang dieser Nachweis bereits in geführten Verfahren.Ferner haben wir auch bereits die Geschäftsführer der Emissionshäuser als Zeugen für die Höhe der Provisionen genannt und konnten deren Gesamthöhe auf diese Art nachweisen.
5. Bestehen weitere Ansatzpunkte, um Schadensersatzansprüche geltend zu machen?
Ja. Die Anlagebratung muss auch den Kriterien der sogenannten anleger- und objektgerechten Beratung entsprechen.
Das bedeutet, dass es Kunden nur ein Anlageprodukt empfohlen werden darf, das zu seinen Anlagezielen und seiner Risikobereitschaft passt.
Ferner müssen dem Kunden die Eigenschaften des Anlageprodukts erläutert werden. Hier hat sich in der Rechtsprechung eine sehr umfangreiche Kasuistik herausgebildet, deren Kenntnis für das erfolgreiche Bestreiten einer Auseinandersetzung mit der comdirect bank AG unerlässlich ist.
In unserer Praxis bestehen viele Fälle, in denen die Kunden in den Beratungsdokumentationen zu geschlossenen Beteiligungen angaben, lediglich bereit zu sein, „mittlere Risiken“ einzugehen. Dennoch wurden Ihnen Schiffsfonds oder britische Zweitmarktlebensversicherungen oder ähnlich risikoreiche Anlagen anempfohlen. Dies ist nach unserer Rechtsauffassung eine evidente Fehlberatung.
Es ist dann allerdings Sache des erfahrenen Bankrechtsanwaltes, die Risiken der betreffenden Anlageprodukte sauber herauszuarbeiten und durch das Angebot von Sachverständigengutachten unter Beweis zu stellen.
Es würde den Rahmen des vorliegenden Beitrages sprengen, jeden in der Rechtsprechung entwickelten Grundsatz zu den Aufklärungspflichten darzulegen. In einem möglichen Verfahren sind diese natürlich allesamt zu prüfen und ggf. darzulegen.
6. Wie ist ein typischer Ablauf, wenn ein Kunde beabsichtigt, Ansprüche gegen die comdirect bank AG wegen Falschberatung durch comdirect private finance AG geltend zu machen
Selbstverständlich lässt sich dies nicht pauschalieren. Wir beobachten jedoch, dass die comdirect bank AG – mutmaßlich aufgrund der Erfahrungen mit unserer Sozietät vor Gericht – in vielen Fällen bereits im vorgerichtlichen Stadium einen Vergleich anbietet, um einen Rechtsstreit zu vermeiden.
Daher ist der erste Schritt grundsätzlich die Bank in einem außergerichtlichen Forderungsschreiben dazu aufzufordern, Schadensersatz in Höhe der geleisteten Einlage zu bezahlen.
Sollte die Bank auf diese Forderung nicht eingehen oder kein akzeptables Vergleichsangebot unterbreiten, so ist nach pragmatischen Kriterien abzuwägen, ob ein Prozess geführt werden sollte oder nicht. Aufgrund der Erfahrung aus rund 100 geführten Verfahren sind wir meistens sehr gut in der Lage, eine valide Einschätzung der Erfolgsaussichten vorzunehmen. Zur Abwägung gehört es selbstverständlich auch, mit dem Mandanten die Prozesskosten durchzusprechen und den schlechtesten Fall mit aufzuzeigen.
Im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung sind dann alle Möglichkeiten des Prozessrechts auszuschöpfen. Beispielsweise kann der gegenständliche Schadensersatzanspruch abgetreten werden, damit der beratene Kunde auf diese Weise die Zeugenstellung erlangt. So wurde ein aktueller Prozess vor dem Landgericht Berlin (Urteil vom 03.03.2015, Az. 10 O 78/13) gewonnen.
Der Verfasser hat sich mit der Thematik der Prozessführungsstrategie gegen die comdirect bank AG auch in einem ausführlichen Interview mit dem Handelsblatt auseinandergesetzt.
7. Wie sind die Aussichten wieder an sein eingesetztes Kapital zu kommen?
Diese Frage lässt sich nicht einheitlich und nicht schematisch beantworten. Jeder Fall liegt anders. Da wir typischerweise aufgrund unserer Erfahrung die Einwendungen der Gegenseite schon im Vorfeld einer möglichen Auseinandersetzung antizipieren können, gelingt es uns für gewöhnlich gut, die Erfolgsaussichten richtig einzuschätzen. Für die Mehrzahl unserer Mandanten lohnt sich unser Einsatz.Selbstverständlich werden auch Prozesse verloren, da sich dies bei der Vielzahl der geführten Verfahren niemals vermeiden lässt. Es ist unmöglich, die Erfolgsaussichten derart präzise zu prognostizieren, dass dieser Fall gänzlich ausgeschlossen werden könnte. Jede andere Aussage wäre unehrlich und nur mit anwaltlichem Größenwahn zu erklären.Dennoch kann jeder Mandant sicher sein, dass wir keine erkennbar aussichtslosen Prozesse führen wollen und werden. Die Reputation, die sich die Sozietät erarbeitet hat, würde auf diese Weise ebenso gefährdet wie das Vertrauen unserer Mandanten in uns.Jedem ehemaligen Kunden der comdirect private finance AG sei angeraten, sich den „richtigen Anwalt“ zu suchen. Dies ist nicht immer einfach, aber keinesfalls solle man sich von vollmundigen Versprechungen ködern lassen. Auch bei unerbetenen Rundschreiben ist stets Skepsis geboten.
8. Welchen konkreten Vorteil bringt mir die Erfahrung von Rechtsanwalt Sochurek und Peres & Partner in der Prozessführung gegen comdirect bank AG für meinen Einzelfall?
Zunächst sind wir sehr gut in der Lage, bereits im Vorfeld abschätzen zu können, welche Gegenargumente aufs Tapet kommen werden.
Ferner haben wir vor einer Vielzahl von Gerichten unterschiedlicher Instanzen im gesamten Bundesgebiet Prozesse geführt, so dass wir die regionalen Besonderheiten berücksichtigen können. Vereinfacht gesagt: Einige Gerichte judizieren anlegerfreundlicher als andere.
Die vorgenannte Erfahrung versetzt uns auch in die Lage, einzuschätzen, welche Argumentationslinien vor welchem Gericht in der Tendenz eher erfolgreich sein werden als andere. Dies wiederum hat im Einzelfall Auswirkungen darauf, wie die Schwerpunkte einer Klage gesetzt werden sollten.
Umfassende und vertiefte Kenntnisse der internen Strukturen der comdirect private finance AG sind überdies von unschätzbarem Wert im Rahmen von Zeugenbefragungen. Der Unterzeichner hat Kenntnisse darüber, nach welcher Art die Handelsvertreter der comdirect private finance AG im Vertrieb geschult worden sind. Dies eröffnet völlig andere Möglichkeiten, Zeugen effizient zu befragen.
Des Weiteren kennt der Verfasser zahlreiche Berater und deren Aussageverhalten vor Gericht aus erster Hand. Dies ermöglicht zum einen, die Erfolgsaussichten im Vorfeld besser einschätzen zu können und zum anderen, eine wesentlich effektivere Befragung zu gewährleisten.
Schließlich kann der Verfasser in nahezu jedem Falle bereits im Vorfeld prognostizieren, welche Unterlagen / Dokumente die Bank im Rechtsstreit vorlegen wird, um sich gegen die geltend gemachten Ansprüche zu verteidigen.
9. Was kostet mich eine Vertretung durch Peres & Partner?
Grundsätzlich können wir in Verfahren gegen die comdirect bank AG auf Basis der gesetzlichen Gebühren tätig werden. Dies bedeutet, dass die Kosten im Falle eines Obsiegens unsererseits grundsätzlich von der Gegenseite getragen werden. Die Höhe der gesetzlichen Gebühren bemisst sich nach dem sog. Gegenstandswert, weshalb eine pauschale Antwort im Sinne einer konkreten Zahl nur im persönlichen Gespräch unter Berücksichtigung des Einzelfalles möglich ist.Gerade bei hohen Schadenssummen kann es lohnenswert sein, die Erfolgsaussichten auf Basis eines zunächst unterhalb der gesetzlichen Gebühren liegenden Pauschalhonorars prüfen zu lassen, um nicht dem schlechten Geld (zu viel) gutes Geld hinterherzuwerfen, falls ein Vorgehen nicht aussichtsreich erscheint.
10. Übernimmt eine Rechtsschutzversicherung die Kosten eines Verfahrens?
`In den meisten Fällen, in denen Kunden zum Zeitpunkt der streitigen Anlageentscheidung eine Rechtsschutzversicherung hatten, übernimmt diese auch die Kosten eines Vorgehens gegen die Bank, wenn dieses hinreichende Erfolgsaussichten bietet.Im Falle einer solchen Kostendeckung durch die Rechtsschutzversicherung ist eine Prozessführung gegen die comdirect bank AG – vorbehaltlich von Reisekosten oder einer etwaigen Selbstbeteiligung – nach den gesetzlichen Gebühren praktisch ohne eigenes Kostenrisiko möglich.